Geschichte
Die berühmten Gulbener Märkte
Alle wirtschaftlichen Erfolge, die sich auf harter Arbeit und langen Erfahrungen im regionalen Ackerbau und in der Viehzucht gründeten, wurden von einer ganz besonderen Unternehmung absolut in den Schatten gestellt: Zwischen 1780 und 1809 wurden im sächsischen Gulben Märkte und Jahrmärkte abgehalten; in der Sonderwirtschaftszone Gulben blühte Handel und Wandel auf sehr ertragreiche Art. Es flossen bedeutende Warenströme in die brandenburgischen Dörfer und besonders auch in die Stadt Cottbus, deren Handwerk dadurch empfindliche Schäden verzeichnete.
Aber es profitierten die Standesherrschaft v. Pannwitz durch Einnahme hoher Standgebühren, der Ort durch eine ertragreiche Brau-, Transport-, Gastronomie- und Handwerksentwicklung, die Händler durch einen Marktort auf dem das einheimische Gewerbe nicht durch Zölle vor ihnen geschützt wurde und alles angeboten werden durfte, die Brandenburgische Umgebung durch vielfältige preisgünstige Angebote und letztendlich natürlich auch Sachsen durch Einnahmen ausländischer Devisen, nämlich Brandenburger Taler.
In der weiteren Umgebung waren, wie eigentlich normal zu dieser Zeit, nur einige Städte mit dem Privileg des Markt-Rechts seit dem Mittelalter ausgestattet. Die Einhaltung strenger Regeln galt dabei fast so viel wie die Einhaltung der Staatsraison und der Gewinn aus den Märkten diente den Städten zur Finanzierung ihrer umfangreichen Verpflichtungen in Verwaltung, Bildung, Sicherheit und in der Infrastruktur.
Gerhard Krüger schildert, wie das Dorf zum Marktort wurde: „Hier fanden sich nun einige Töpfer aus Vetschau und Drebkau, ein Böttcher [...] sowie sächsische Bäcker ein, die ihre Waren an die benachbarten Preußen absetzten, wenn diese in Gulben zur Kirche kamen. Da das Geschäft gut ging, gesellten sich bald Händler mit Leinen, Galanteriewaren und Medizin zu. Geschäftige Gewerbetreibende aus Friedland (Kreis Lübben) boten mit Erfolg seidene und halbseidene Waren feil. Sächsische Schuhmacher, die ihr Leder selbst gerbten und daher billig verkaufen konnten, fanden in Gulben flotten Absatz. Mittags schon war der Markt meist beendet, weil die Verkäufer alles verkauft hatten.“ Die Ober-Amts-Regierung in Lübben berichtete noch im Jahr 1800 nach Dresden: „Die Zahl der Verkäufer und die Manigfaltigkeit der in ordentlichen Ständen [...] feilgebotenen Waren ist so groß, das sie selbst auf den öffentlichen Jahrmärkten in manchen Städten der Provinz nicht so groß gefunden werden möchte und ist sonach jener [...] Verkehr in einen förmlichen Jahrmarkt ausgeartet.“1
Der Magistrat von Cottbus und die Cottbuser Zünfte wurden wegen der erheblichen Einbußen beim sächsischen Hof in Dresden vorstellig. Die unternahmen (fast) nichts, denn das Fließen von preußischen Devisen in sächsische Kassen wurde natürlich gern gesehen. Auch die sächsischen Städte Vetschau und Drebkau litten unter den Gulbener Märkten. So „wäre in den Städten der Bierumsatz auf die Hälfte zurückgegangen, da alle Welt nach Gulben ginge. Die Gulbener Märkte hätten auch eine Menge Hausierer angelockt, die in den Zwischenzeiten das sächsische Gebiet abgrasten.“2 Die Regierung zu Lübben erreichte ein Verbot der Märkte vom Dresdener Hof, aber sie hatten die Rechnung ohne die energische Frau v. Pannwitz gemacht. Ihr gelang sehr schnell die Aufhebung des Verbotes.
Das Ende aller sächsischen Märkte kam erst, als in der Folge von Napoleons Siegen, die ganze Cottbuser Region ab 1807 zu Sachsen gehörte. Nun konnte die sächsische Regierung gar nicht mehr anders, als die steuerbetrügerische, andere Gewerbe schädigende und jahrhundertealte Marktrechte verletzende Gulbener Praxis als „Unstatthaft“ zu verbieten. So endete 1809 die Sonderwirtschaftszone Gulben.
Verfasser: Dipl.-Ing. Dr. Alfred Roggan aus: Gulben – Im Laufe der Zeit
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